Sie sind hier: Presse

KONSTANZE WILD

Peter Ernst legt sich, wie gewohnt, mächtig ins Zeug. Immerhin anderthalb Stunden Wegstrecke und Impressionen rund um den Teltowkanal liegen vor den etwa 40 Radlern, denen der Stellvertreter vom Stahnsdorfer Heimatverein an der Schleuse in Kleinmachnow sachkundig und unterhaltsam von Bauwerken, alten Wegeverbindungen und Geschichtlichem berichtet.

So habe es schon früher Einsprüche gegen bürokratisch allzu vorschnell Erdachtes gegeben, merkt Ernst augenzwinkernd an: Dietloff von Hake etwa setzte sich bereits 1898 dafür ein, die landschaftliche Schönheit, die Wälder und Parkanlagen am Machnower See nicht gänzlich den Interessen des Kanalbaus zu opfern. Hundert Jahre später setzt sich heute die Interessengemeinschaft Teltowkanalaue dort für ein naturnahes Erholungsgebiet ein. Auf acht Erkundungstouren entlang der Ufer möchte der Zusammenschluss von Umwelt-Aktiven, Lokaler Agenda und engagierten Bürgern die Situation am Kanal vorstellen und über die Planung zukünftiger Wander- und Radwege informieren.

Frisch gemäht erweist sich der Pfad am Südufer des Teltowkanals in Richtung Kohlhasenbrück durchaus als passierbar. Dennoch, betont Ernst, radelt man hier "auf eigene Gefahr". Abschüssige Ufer und unvermutet tiefgründige sandige Becken gemahnen zur Aufmerksamkeit.

Ein Fischreiher trohnt majestätisch am Wasser. Angler genießen die abendliche Stille, die bald durch ein Dröhnen, das die Autobahnbrücke ankündigt, zerrissen wird. Gleich dahinter die eiserne S-Bahn-Brücke, früher eine wichtige Verbindung. Heute kenne man sie meist noch als "Friedhofsbahn", die sonntags die Berliner zu ihren Toten auf Stahnsdorfs bedeutenden Friedhofsanlagen brachte, sagt Ernst. Unbemerkt hat man die Berliner Stadtgrenze überrollt. Doch dies- und jenseits einer schmalen Landzunge, die sich zwischen Parforceheide und Kleinmachnower Gemarkung schiebt, heißt das Land weiter Brandenburg.

Ein wichtiges Etappenziel der Radwanderung ist zweifelsohne die ehemalige Autobahnbrücke über den Teltowkanal. Wie berichtet, hatte der Berliner Senat vor kurzem die Überquerung aus "Sicherheitsgründen", wie es hieß, unvermutet gesperrt. Die Empörung war groß, als die Verbindung zwischen Brücke und dem Berliner Ortsteil "Albrechts Teerofen" abgerissen, der Querungssteg verschwunden war. In der Folge war auf Berliner Seite sogar vom Abriss der alten Autobahnbrücke, die sich im Eigentum des Bundes befindet, die Rede. Baulastträger, wie das im Amtsdeutsch heißt, sind Berlin und Brandenburg. Und die Märker stellten "ihren Teil" des eindrucksvollen Relikts deutscher Teilung deshalb nun unter Denkmalschutz.

Der massive Übergang, in der Nachkriegszeit aus Elementen einer Kranbahn gefertigt, ist Teil des Projekts "Mauerweg". Und besonders an dieser alten Brücke mit der ehemaligen "Raststätte Dreilinden", in deren weiteren Verlauf sich die Autobahn der "ordnungsgemäßen Überwachung" in der DDR entzog, werden Irrungen und Wirrungen der jüngeren deutschen Geschichte geographisch und historisch vor Augen geführt. Dass der idyllische Flecken, an dem das "Landgut Eule" liegt, ehedem eine Sprengstoffversuchsanstalt beherbergte, ist weitgehend unbekannt. 1898 kauften sich die Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken hier ein. Peter Ernst sichtete jüngst entsprechende, fast vergessene Unterlagen. Der Standort wird dort ob seiner guten Wasser- und Bahnverbindungen gepriesen. In Folge wurde das Gelände noch für Metallforschung genutzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war es damit freilich vorbei auf dem schwer zuzuordnenden Gebiet am Teltowkanal. Die Sowjets sprengten schließlich. Zurück blieb schließlich nur das verwunschene Landgut Eule am Kremnitzufer.