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Am Anfang war ein an vielen Stellen mehrarmiger Flußlauf namens Beke oder Bäke, der in dem heutigen Steglitz seinen Anfang nahm und sich durch unser Gebiet schlängelte, bis er bei dem späteren Kohlhasenbrück in den Griebnitzsee mündete. Es war feucht, es gab eine dichte Vegetation und das Reinlichkeitsbedürfnis unserer Vorfahren ließ viel Unreinliches in dem Flüßchen landen – dann war es ja „weg“.
-Diese Tradition wurde übrigens fast 100 Jahre danach wieder aufgenommen, als die Klärwerke im Süden Berlins und sogar jenes in Ruhleben seit Ende der siebziger Jahre das gereinigte Abwasser nicht mehr auf Rieselfelder sondern in den Teltowkanal leiteten. Es ist erstaunlich wie sich die Geschichte so wiederholen kann. -
Was zu Zeiten der einst so klaren Beke erst nur wenige taten, machte anfangs keine Probleme, jedoch je mehr Menschen dort siedelten um so anrüchiger wurde diese. Sie wurde schließlich eine sumpfige, stinkige und ungesunde Angelegenheit, die nach Besserung verlangte. Der Landrat Stubenrauch war es, der dann Nägel mit Köpfen machen wollte. Schluß mit Sumpf und Gestank: die Beke sollte kanalisiert werden! Wäre es da nicht sinnvoll gleich Schiffbarkeit herzustellen? So wurde der „Teltowkanal“ geboren, Schönow und Teltow verloren ihre Seen und die Landschaft veränderte sich. Ein neues Schiffstransportsystem: die „Treidelbahn“ kam erstmalig zum Einsatz und ein modernes Transportsystem war geschaffen. Die Wirtschaft entwickelte sich damit auch in unserer stadtnahen Region und prägte vor allem Teltow. Die Freude währte nicht lange und endete mit der Funktion des noch neuen Kanals als letzte Verteidigungslinie der bedrohten Reichshauptstadt. Das bedeutete die Sprengung sämtlicher Brücken und Ende jeglichen Schiffsverkehrs. Seitdem ist der Teltowkanal bis heute eine Sperre zwischen Berlin und Umlandgemeinden mit nur wenigen Querungsmöglichkeiten geblieben. Zwischen der Kätchenbrücke und der Machnower Schleuse gibt es auf 4,5 Km keinen örtlichen Übergang. Wer z.B. von Teerofen in die Nachbarsiedlung Dreilinden möchte macht zu Fuß wie auch mit dem Auto eine Weltreise.
Während der DDR hatte der Kanal praktisch die Funktion der Mauer. Nach seiner Wiedereröffnung und Ausbau für den innerdeutschen Schiffsverkehr bekam er nochmals eine größerer Rolle für den Wirtschaftsverkehr. Nun mußte die Staatsicherheit auch diesen Verkehrsweg überwachen und bekam dafür auch Grundstücke am Machnower See. Mit dem Transportvolumen ging es jedoch nach der Wende, nicht zuletzt aus Gründen der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung, ständig bergab. Darin soll ein erneuter Ausbau des Kanals auf eine hier nicht übliche und nicht angemessene Generation von Superfrachtern eine Wende bringen. Es würde aber nur einen kurzfristigen Auftrieb lediglich bei den Kanalbauunternehmen geben, dann wäre auch Schluß mit Aufschwung. Man sollte Achtung vor dem funktionstüchtigen technischen Denkmal Teltowkanal haben, der den Schifferfamilien mit ihren Kähnen bis zur Europaklase (115 m Länge) Lebenserwerb bietet.
Leider wird der Wiederaufbau der für die Bevölkerung tatsächlich interessanten Brücken wie der Kremnitzbrücke, der an der Teltowwerft und der Schweizerbrücke immer wieder hinausgeschoben. Das nahe Umfeld des Kanals wird von Berlin als öffentliche Grünanlage unterhalten. Ein Gleiches wäre auf unserer Seite genau so erwünscht. Jetzt haben Bürger die Initiative ergriffen, daß die Kanalaue -das ehemalige Bäketal- wieder ein touristischer Anziehungspunkt wird, wie früher als der Kanal eine Perlenkette von Ausflugslokalen bildete.

peter E R N S T
(Kienwerder)
Grußwort zum 100jährigen Jubiläum des Teltowkanal,
veröffentlicht in www.tek100.de
(Hervorhebungen von der web-Redaktion)